Neue Dimension der Bodenanpassung

Zur Saison 2022 liefert CLAAS eine neue Vierkreiselschwader-Baureihe mit vier Modellen erstmals in voller Serienstückzahl. Besonderen Fokus richteten die Entwickler auf Bodenanpassung und Futterqualität. TRENDS war in Bad Saulgau und ließen uns von Clemens Frick, dem Entwickler der Maschine, die technischen Finessen erläutern.

Neue Dimension der Bodenanpassung

Zur Saison 2022 liefert CLAAS eine neue Vierkreiselschwader-Baureihe mit vier Modellen erstmals in voller Serienstückzahl. Besonderen Fokus richteten die Entwickler auf Bodenanpassung und Futterqualität. TRENDS war in Bad Saulgau und ließen uns von Clemens Frick, dem Entwickler der Maschine, die technischen Finessen erläutern.

TRENDS: Herr Frick, – was war die Zielsetzung bei der Entwicklung der neuen Schwadermodelle?

Clemens Frick: Bei der Entwicklung einer Neumaschine werden genau definierte Prozesse durchlaufen. Die weltweite Einsatzerfahrung aus unterschiedlichsten Futter- und Feld-Bedingungen von vielen tausend verkauften Maschinen und die jeweiligen Kunden-Anforderungen werden bei uns kontinuierlich ausgewertet und sind die wichtigste Basis für die Neuentwicklungen. Zudem beobachten wir natürlich den Wettbewerb. Hier ist die Vorgabe, besser zu sein als die Konkurrenz.

In der Vergangenheit gab es zwei Vierkreiselschwader mit Arbeitsbreiten von 12,50 Meter bzw. 15 Meter. Vonseiten der Landwirte kam oft die Frage nach einem dritten Modell dazwischen. Diesen langjährigen Kundenwunsch haben wir mit dem LINER 4800 mit 13,60 m Arbeitsbreite realisiert. Aber als eines der wichtigsten Themen schrieben wir uns die Futterqualität auf die Fahne. Jeder weiß, welchen Einfluss verschmutztes Futter auf die Milchleistung und das Tierwohl hat. Daher haben wir viel Energie in die Bodenanpassung investiert.

TRENDS: Welche Lösungen sorgen jetzt im Speziellen für eine Verbesserung der Bodenanpassung?

Die kardanische Aufhängung mit deutlich mehr Freiheitsgraden sorgt für eine optimale Bodenanpassung.

Clemens Frick: Die Bodenanpassung und Zinkenführung erfolgt über das Zusammenspiel von Kreiselaufhängung oben am Ausleger und über die Tasträder unten am Kreiselfahrwerk. Wir haben uns diverse technische Lösungen für kardanische Kreiselaufhängungen angeschaut, verglichen und letztlich entschieden, für die besonderen Einsatzbedingungen bei Vierkreiselschwadern eine neue Aufhängung mit deutlich höheren Freiheitsgraden und damit wirklich neuen Dimensionen der Bodenanpassung zu entwickeln.

Der Kreisel ist jetzt nach hinten versetzt an einer Schwinge aufgehängt. Die vorderen Kreiselräder werden dadurch besonders leicht und müssen nur 20 % des Kreiselgewichtes tragen. So können sich die vorderen Fahrwerksräder zur Zinkenführung optimal an die Bodenkontur anpassen. Das kardanische Doppelgelenk als konstruktives Verbindungsstück zwischen Ausleger und Kreisel hat in Fahrrichtung keine Anschläge. Auch das ermöglicht eine nie dagewesene Bodenanpassung beim Durchfahren von Mulden oder Überfahren von Hügeln.

TRENDS: Stichwort Doppelfeder, – die gab es am Vorgängermodell nicht. Was hat dieses Feature für eine Funktion?

Die neue patentierte Doppelfeder unterstützt die Kreiselführung in Längsrichtung. Zusätzlich beruhigt sie den Kreisel bei höheren Arbeitsgeschwindigkeiten.

Clemens Frick: Die neue und patentierte Doppelfeder unterstützt die Kreiselführung in Längsrichtung, indem sie den in Mulden abtauchenden oder bei Hügeln aufsteigenden Kreiselrädern vorne jeweils einen leichten Impuls gibt, um den Zinken schnell und ohne Bodenkontakt zu führen.

 Die Doppelfeder „beruhigt“ zudem den Kreisel, sodass auch mit leichten vorderen Kreiselrädern ohne Probleme hohe Arbeitsgeschwindigkeiten gefahren werden können. Diese Wirkung kam in den Tests immer sehr gut zur Geltung. Bis wir den optimalen Angriffswinkel und die passende Federkraft gefunden hatten, mussten wir allerdings sehr viele Versuche fahren. Der Aufwand hat sich gelohnt – mit keiner der uns bisher bekannten und auch im Vergleich getesteten kardanischen Kreiselaufhängungen konnten wir derart geringe Rohaschegehalte im Futter realisieren.   

TRENDS: Was gibt’s neues beim Kreiselfahrwerk – mehr Räder sind doch auch wichtig für bessere Kreiselführung, – oder?!

Clemens Frick: Unser Ansatz war von vornherein auch mit vier Kreiselrädern eine optimale und ruhige Zinkenführung zu ermöglichen. Daher legten wir bei der Entwicklung großen Wert darauf, die Räder möglichst nahe an der Zinkenflugbahn zu platzieren. So wird auch bei hügeligem Geländer immer der gleiche Abstand zwischen Zinkenspitze und Grasnarbe eingehalten. Das neue Kreiselfahrwerk ist zudem ein asymmetrisches Fahrwerk. Konkret – auf der äußeren Seite im Bereich des Einsetzens der Zinken ist das Fahrwerksrad weiter vorne platziert. Das verbessert die Bodenanpassung und Zinkenführung. Auf der Innenseite, an der das Futter abgegeben wird, ist das Rad weiter hinten angebracht, um den Radstand zu verlängern. Dadurch ergibt sich automatisch ein ruhiger Lauf.

TRENDS: Bodenschonung verbessert gleichzeitig die Futterqualität, – was gibt es zum 6-Rad-Fahrwerk zu sagen?

Clemens Frick: Unsere Schwader haben zwar ein vergleichsweise geringes Gewicht, aber auf feuchten Standorten können einsinkende Kreiselräder schnell zu Futterverschmutzung führen. Daher bieten wir drei neue Ausrüstungsoptionen: mit den neuen 30 % breiteren 4-Rad-Kreiselrädern können relativ preiswert 30 % mehr Aufstandsfläche realisiert werden.

Unser neues 6-Rad-Fahrwerk ist etwas aufwendiger konstruiert, da alle 6 Räder beweglich sind, um Grasnarbenschäden zu vermeiden. In der „Normal“-Ausführung bietet das 6-Rad-Fahrwerk 50 % mehr Aufstandsfläche und mit Breitreifen sogar 80 % mehr Aufstandsfläche.

Beim Hauptfahrwerk bieten die neuen Schwader erstmals bis zu 800 mm breite und bis zu 1.210 mm hohe Bereifungen an. Damit kann auch unter schwierigsten Bedingungen schmutzfrei gearbeitet werden.

TRENDS: Eine gute Bodenanpassung sorgt für gute Futterqualität. Gibt es da noch mehr technische Lösungen, die den neuen Schwader verbessern?

Clemens Frick: Eine ganze Reihe sogar. Für bessere Futterqualität sorgt z. B. ein doppelt gekröpfter Silagezinken. Dieser recht das Gras sauber aus der Grasnarbe. Durch die angestellte Geometrie nehmen wir das Gras aus dem Stoppelbereich in den Zinken auf und geben es zu einem definierten Zeitpunkt wieder ab.

 Ein weiterer Stichpunkt zur Verbesserung des Futters ist der sogenannte Jet-Effekt bei den Kreiseln – d. h. ein Einsetzen der Kreisel ohne Einstechgefahr der vorderen Zinken. Mit der neuen schleppenden Kreiselaufhängung (Schwerpunkt nach hinten verlagert) wird dieser wichtige Effekt zur Grasnarbenschonung „automatisch“ realisiert.

TRENDS: Das sind eine ganze Menge Details. Lohnt der ganze Aufwand? Gibt es eigentlich Zahlen dazu, wie sich eine bessere Futterqualität monetär auswirkt?

Clemens Frick: Die gibt es tatsächlich. 1 % weniger Rohasche verbessert den Energieertrag um etwa 0,1 MJ NEL/kg TM. Dies entspricht ca. 95 kg mehr Grundfutterleistung pro ha und Schnitt. Einfach gesagt: Bei 40  ha pro Schnitt ergibt das z. B. einen Mehrertrag durch besseres Grundfutter im Gegenwert von über 10.000 kg mehr Grundfutterleistung pro Jahr.