Wie das Saatengrün nach Omaha kam

In den 1970er-Jahren war die Marke CLAAS in den USA weitgehend unbekannt. Der Mähdrescher LEXION eroberte die Staaten zunächst mit unterschiedlichen Lackierungen, grün-weiß war nicht dabei. Denn der Weg in den hart umkämpften Markt führte über zahlreiche Partnerschaften und Umwege.

Als Matthew Koch sich 1999 bei CLAAS in Omaha bewarb, sagte ihm der Firmenname nichts. „CLAAS hatte damals ein Joint Venture mit Caterpillar und das war der Name, der mein Interesse weckte.“ Der 54-jährige Produktionsdirektor des Werks in Omaha lächelt zufrieden – denn anders als damals ist die Marke CLAAS heute in Nordamerika ein Begriff und das ist auch sein Verdienst. Wenn er sich an seine Anfänge im Unternehmen erinnert, muss er schmunzeln: „Man nannte uns hier in den USA unter Landwirten nur ‚die LEXION Typen‘. Die Marke CLAAS kannte ja keiner, sondern nur unser Produkt. Aber das ist jetzt anders!“

Omaha ist die größte Stadt in Nebraska und liegt im mittleren Westen der USA. Die Landschaft ist beeindruckend, gigantische Felder reihen sich über Hunderte von Kilometern aneinander, nur ab und zu durchbrochen durch kleinere Orte oder Farmen. Wer hier mit einem Pick-up auf einer der schier endlos langen Straßen unterwegs ist, versteht sofort, warum Nebraska auch den Namen „Kornkammer“ trägt: Mehr als 90% der Gesamtfläche werden landwirtschaftlich genutzt. Das macht Nebraska zu einem der wichtigsten Agrarerzeuger der USA.

Der Eingangsbereich von CLAAS in Omaha ist von riesigen Fensterfronten umgeben, das Gebäude vermittelt gleich einen freundlichen Eindruck, wenn man es zum ersten Mal betritt. Neben der Produktionshalle mit einer Fläche von knapp 17.000 m2 gibt es einen Musterbau für den Bereich Entwicklungen, die Abteilung Qualitätsmanagement, eine Teststrecke und Büroräume. CLAAS Omaha baut hier insgesamt mehr als 600 LEXION 6000, 7000 und 8000 pro Jahr. „Die Kapazitäten der Produktion sind noch nicht ausgelastet,“ erzählt Matthew Koch. Wenn es nach ihm geht, locken noch viele große Ziele. Omaha ist eine Erfolgsgeschichte, die er und seine Kollegen am Standort gerne weiterschreiben möchten.

„CLAAS wird in Nordamerika manchmal als Außenseiter, aber immer als DER Technologie- und Technikführer angesehen.“

– Kevin Wilkening, Konstrukteur

„Der Grund, warum ich gerne bei CLAAS arbeite, ist die Zusammenarbeit mit Menschen, die stolz auf ihre Arbeit sind.“

– Linda Bartlett, Leiterin der Montagetechnik

„Ich arbeite gerne bei CLAAS, weil es ein familiäres Umfeld und gute Sozialleistungen bietet. Die Mitarbeiter sind sehr nett – CLAAS ist ein rundum toller Arbeitsplatz.“

– Antonio Johnson, Montagetechniker

Neue Maschinen für große Felder

Die Anfänge von CLAAS in den USA liegen etwas mehr als 50 Jahre zurück. Die ersten Schritte machte das Unternehmen unter anderen Namen. Der erste davon war Ford. CLAAS schloss 1965 einen Kooperationsvertrag mit dem amerikanischen Konzern ab; die Harsewinkler lieferten Mähdrescher, die blau-weiß lackiert in die USA exportiert wurden. Als der Vertrag Mitte der 1980er-Jahre auslief, schloss sich CLAAS 1989 mit Massey Ferguson zusammen – die Drescher wurden rot und liefen erneut unter anderem Namen. Ob blau-weiß oder rot: Die Maschinen kamen gut an, denn sie waren genau das, was die Landwirte dringend brauchten, erzählt Matthew Koch.

Die USA sind groß und erstrecken sich über unterschiedliche Klimazonen. So vielfältig wie das Land sind auch seine landwirtschaftlichen Betriebe und das, was sie anbauen. In Kalifornien und dem Südosten steht viel Reis auf den Feldern, den mittleren Westen durchzieht der sogenannte Mais- und Sojabohnen-Gürtel. Weizen findet man vor allem im Zentrum, in Kanada zudem andere weitere Getreidesorten.

Mais ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich der Anbau in den USA von dem in Deutschland unterscheidet. Zunächst ist da die enorme Fläche, aber zugleich steht Mais in den USA auch deutlich dichter: Auf dem gleichen Raum wachsen etwa doppelt so viele Pflanzen. Viele sind genetisch modifiziert und tragen mehr Kolben, an denen auch mehr Körner sitzen.

Der Bedarf an leistungsfähigen Maschinen, insbesondere Mähdreschern, die diese Erträge bewältigen können, sei daher hoch, erklärt Matthew Koch. „Unter sehr guten Bedingungen könnten bis zu 27 t pro Hektar wachsen. Die USA sind mit ihren Anbaumethoden führend. Wenn man mal mit Europa oder auch der Ukraine als wichtiges Anbaugebiet vergleicht – dort findet man nur etwa ein Viertel davon, also knapp 7 t pro Hektar.“

Von der amerikanischen Landwirtschaft lernen

Die amerikanische Landwirtschaft braucht leicht angepasste, hochleistungsfähige Maschinen. CLAAS profitiere selbst auch enorm vom Einsatz in diesem Umfeld, sagt Matthew Koch. „Von den Landwirten hier bekommen wir viel wichtiges Feedback und Verbesserungsvorschläge. Die Mähdrescher werden dadurch immer besser. Und Anpassungen, die wir für den amerikanischen Markt vornehmen, finden später auch oft den Weg in die deutsche Produktion.“

CLAAS Omaha nimmt das Feedback sehr ernst und setzt es schnell um, damit die Maschinen schon zur nächsten Saison entsprechend modifiziert werden können. In den Monaten nach der Ernte hat die Ingenieursabteilung Hochkonjunktur. Das Wissen, das in vielen Gesprächen mit der Kundschaft eingeholt wurde, fließt in neue Entwicklungen ein. Im kommenden Jahr fließen diese bereits in die Produktion ein.

Ermöglicht wird das hohe Tempo durch Kooperationen mit lokalen Zulieferern. Denn während 60% der Teile von anderen internationalen Standorten kommen, werden 40% im Umfeld von Omaha produziert. „Die Entwicklungsarbeit ist ein kontinuierlicher Kreislauf“, sagt Matthew Koch. „Den Kunden zuhören, das Produkt verbessern – und wieder von vorn.“

„Wir wollen in den USA weiter wachsen“

Matthias Ristow, Managing Director Business Administration, erklärt im Interview, was das Werk in Omaha besonders macht – und welche kulturellen Unterschiede es zwischen Deutschen und Amerikanern gibt.

Zum Interview mit Matthias Ristow

Gegenseitige Besuche

Es waren jedoch nicht die Drescher, sondern die Raubkatzen, die den Namen CLAAS in den 1980er-Jahren in die Köpfe und Hallen der Landwirte brachten. „Der JAGUAR kam nach Amerika und war auf dem Feld so effizient, dass man als Landwirt schlecht beraten gewesen wäre, wenn man sich für einen anderen Hersteller entschieden hätte“, berichtet Koch. CLAAS wurde auf einen Schlag bekannt.

Dabei half auch ein eigenes Händlernetz. Helmut Claas persönlich hatte dafür gesorgt, eigene Händler und Kooperationen mit unabhängigen Vertriebspartnern zu etablieren, um zunächst seine Ballenpressen an den Mann zu bringen. Über das eigene Händlernetz wurde auch der JAGUAR verkauft.

Die Drescher trugen noch lange andere Farben. Nach Blau und Rot kam Gelb. Denn in den 1990er-Jahren ging CLAAS das Joint Venture mit Caterpillar ein, das Matthew Koch auf das deutsche Unternehmen aufmerksam machte. Caterpillar hatte einen Traktor mit Raupenlaufwerk entwickelt, aber besaß keine Erntemaschinen. Die Abmachung: Caterpillar würde Raupentraktoren in CLAAS Farben nach Europa exportieren, und CLAAS würde die Herstellung des LEXION Mähdreschers für Nordamerika verantworten, für den eigens das Werk in Omaha errichtet wurde. Obgleich sich Caterpillar im Jahr 2000 aus dem Landmaschinenbau zurückzog – der LEXION behielt zunächst die gelbe Farbe. Bis er 2019 dann endlich saatengrün wurde.

Von Landwirten für Landwirte

In Omaha gibt es noch viel Platz für Wachstum. „Wir haben mehr als einen halben Quadratkilometer Fläche, auf dem wir noch bauen können, und bisher nutzen wir nur einen sehr kleinen Teil davon“, sagt Matthew Koch. „Der Entwicklung von CLAAS of America steht also nichts im Weg – wir haben viel Raum für neue Produktlinien, vielleicht sogar auch für die Fabrikation, inklusive Zuschnitt und Lackierung“.

Wenn der Produktionsleiter in einem Satz beschreiben soll, was ihn antreibt, muss er nicht lange überlegen. Als Sohn von Landwirten hat seine Motivation viel mit seiner Herkunft aus dieser Gegend zu tun, seiner Kindheit auf Hof und Feld. „Hochwertige Maschinen herzustellen, und damit den Menschen zu helfen, mit denen ich aufgewachsen bin – das macht mich sehr zufrieden.“

Eindrücke aus Omaha.

Fünf Fakten zu Omaha

1.

Omaha ist eine Stadt mit knapp 500.000 Einwohnern. Sie liegt im Mittleren Westen der USA im Bundesstaat Nebraska und ist dessen wirtschaftliches Zentrum.

2.

Während der Pionierzeit und der Westwanderung lag in Omaha der erste Bahnübergang über den Missouri River. Die Stadt wurde 1854 gegründet und nach dem Indianerstamm der Omaha benannt, der einen großen Teil seines Landes an den Staat verkauft hatte.

3.

Einer der berühmtesten Söhne der Stadt ist Warren Buffet, der laut Forbes fünftreichste Mensch der Welt. Wegen seiner Erfolge als Investor ist er auch bekannt als „Orakel von Omaha“. Der Vorsitzende der Holdinggesellschaft Berkshire Hathaway lebt noch heute in der Stadt.

4.

Nebraska liegt inmitten der Great Plains und ist seit dem Eintreffen der ersten europäischen Siedler eine der Kernregionen der Landwirtschaft in den USA. Damals wurden aus Prärien Felder, auf denen heute vor allem Mais und Sojabohnen wachsen.

5.

In den USA hat Nebraska den Spitznamen „Beef State“. Denn die Rindfleischproduktion ist der wichtigste Wirtschaftszweig der Region. Auf jeden Menschen kommen dort vier Rinder. Randnotiz für Fleisch-Liebhaber: Das „Reuben Sandwich“ stammt aus Omaha – genauso wie, weniger überraschend, das „Omaha Steak“.

Impressionen